„Das Ankommen hat uns entschädigt“

15.08.2000
Sächsische Zeitung

Das Ankommen hat uns entschädigt“
Dresdner Steve Mizera übersteht strapaziösen 24-Stunden-WM-Lauf in Oschersleben

Von Alexander Hiller

Diesen Tag in seinem Leben wird Steve Mizera so schnell nicht vergessen. Ich bin mausetot, sagte der 25-jährige Dresdner, nachdem er im Motopark von Oschersleben den 24-Stunden-WM-Lauf hinter sich gebracht hatte. Am Sonnabend, 15 Uhr, war der Tross gestartet, am Sonntag, 15 Uhr, wurde die Zielflagge geschwenkt.

Der Sachse war gemeinsam mit seinem Kollegen Philip Ludwig vom mehrfachen tschechischen Meister Michael Bursa ins Fast-Bee-Racing-Team geholt worden. Sonst fahren Mizera und Ludwig im Yamaha-Shell-Advance-R6-Cup. Das Trio sollte sich wie die 60 Teams der Konkurrenz aller 60 Minuten auf der Kawasaki abwechseln. Soweit der Plan, doch die Realität überholte die Piloten. Michael Bursa verunglückte bereits auf seiner zweiten Fahrt. Der Tscheche zog sich bei seinem unsanften Abstieg vermutlich einen Muskelfaserriss und mehrere kleine Blessuren zu.

Bursa wurde zunächst ins Krankenhaus gebracht. Die beiden Deutschen wollten unbedingt auch zu zweit weiterfahren. Doch die Renn-Regel besagt, dass ein Team die Fahrt nur fortsetzten kann, wenn der gestürzte Pilot den Untersatz ins Ziel bringt. Bursa schaffte nach seiner ersten notdürftigen Behandlung den Kraftakt. Der Teamchef hat uns ungläubig gefragt.

Aber wir wollten unbedingt weitermachen, sagt Steve Mizera.

Durch Bursas Missgeschick hatte das Team etwa zwei Stunden eingebüßt, düste auf dem letzten Platz der Konkurrenz hinterher. Ludwig und Mizera wechselten sich also in der Folgezeit stetig ab. Wir haben mal ausgerechnet, dass jeder von uns etwas 1 500 km zurückgelegt hat, sagt der Elbestädter. Wir konnten kaum miteinander reden. Haben uns nur das Motorrad in die Hand gedrückt, sagt Mizera. Während der eine seine Runden drehte, nutzte der andere die freie Stunde zum Essen, Trinken, Duschen. Diese Stunde kam mir vor wie fünf Minuten, erklärt Mizera.

Ein Masseur lockerte die belasteten Muskelgruppen. Und das war dringend notwendig. Wir sind bis an die Leistungsgrenze gegangen. Langsam hatte ich das Gefühl, dass mir die Körperteile absterben, die Füße einschlafen, erinnert sich der Dresdner. Aber die beiden Unentwegten waren trotzdem schnell unterwegs, holten Runde für Runde auf. Am Ende kamen 45 Mannschaften ins Ziel, das Duo Mizera/ Ludwig wurde sensationell Neunter und fuhr im dritten WM-Lauf die ersten Punkte für das tschechische Team ein.

Die Mannschaft hat uns hervorragend betreut, nur so konnten wir durchhalten, lobt Steve Mizera. Aber danach wollte ich keinen einzigen Meter mehr rollen. Ob die beiden für ihren grandiosen Gastauftritt entlohnt werden, steht noch in den Sternen. Das Ankommen hat uns entschädigt. Und wir haben hier eine tolle Visitenkarte hinterlassen, stellte Mizera fest. Die Mannschaft um Bursa möchte beide auch für den nächsten Lauf im September in Frankreich als Gastfahrer verpflichten.