Ostfriesen-Spitze

Sonntag, 14.05.2000
Yamaha R6-Cup

Ostfriesen-Spitze

Erst in der letzten Schikane fiel die Entscheidung beim zweiten Lauf zum YAMAHA-Shell-Advance R6-Cup auf dem holländischen Grand Prix-Kurs von Assen. Andreas Heese (Saterland), der wie schon beim Auftakt in Hockenheim von der Pole Position gestartet war, hatte nach einem rundenlangen, an Dramatik kaum zu überbietenden Kampf um die Spitze kurz zuvor dem Velener Klaus Schulz die Führung entrissen. Nachdem ich vorbei war, bin ich auf der absolut letzten Rille Kampflinie gefahren, denn mir war klar, dass Klaus noch einmal attakieren würde. Dass dieses Manöver für den Verfolger im Kies endete, bemerkte der lange Ostfriese erst im Ziel. Schulz:

Ich hatte die Aktion eigentlich schon abgebrochen und mich mit Rang zwei abgefunden, weil ich merkte, dass es nicht reichen konnte. Dann ist mir das Motorrad beim Umlegen weggerutscht und ich habe die Maschine, die Zielflagge vor Augen, leider nicht mehr in Gang gebracht Damit war auch der letzte des Podesttrios von Hockenheim ausgeschieden.

Denn nach Auftaktsieger Philipp Ludwig (Borna), der in Runde sechs als Spitzenreiter einen spektakulären 5. Gang-Sturz unverletztend überstanden hatte, musste drei Runden später auch Mirko Gerth (Kertschütz) die Hoffnung auf eine erneute Topplazierung begraben. So war der Weg frei für einen neuen Tabellenführer - und der kommt erstmals aus Österreich. Der fürs Team YAMAHA-Teuchert startende Günther Knobloch konnte seinen zweiten Platz kaum fassen: A Wahnsinn! Aber wo ist eigentlich der Jörg in Donington gelandet?, war seine erste Frage im Ziel.

Als er hörte, dass Jörg Teuchert wenige Minuten zuvor beim Supersport-WM-Lauf in England Dritter geworden war, grinste der Grazer verschmitzt: Dann blieb mir ja gar nichts anderes übrig… Die Entscheidung um den Zieleinlauf hinter Sieger Heese hätte freilich knapper nicht ausfallen können. Von Platz zwei bis sieben hätte man die Fahrer mit dem berühmten Handtuch zudecken können. Den dritten Podestplatz sicherte sich schließlich der überglückliche Sascha Woitzik (Heinsberg):

Aus meiner Sicht war das Rennen perfekt Es ging zwar verdammt hart zur Sache, aber alles ohne unfaire Aktionen und ich hatte keinen einzigen Rutscher, meine Reifen waren bis zum Schluss super, berichtete der 23-jährige. Andreas Knigge (Barwedel) ärgerte sich zwar, zum zweiten Mal als Vierter nur hauchdünn das Podest verpasst zu haben, konnte sich aber schnell mit Platz zwei in der Gesamtwertung anfreunden:

”Eigentlich hatte ich mir Günther und Sascha schon für die Schikane zurechtgelegt, doch die gelben Flaggen durch den Sturz von Klaus haben mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Für die folgenden Platzierungen musste am Ende sogar die Videoaufzeichnung zur Hilfe genommen werden. Enrico Klügl (Spora) legte im Rennen gegenüber dem Training eine volle Sekunde zu und freute sich als Fünfter genauso wie Jan Martensen (Goldelund), der im dritten Cup-Jahr mit Rang sechs sein bestes Ergebnis bejubelte:

Ich habe ausgangs der Zielschikane etwas härter beschleunigt, das brachte mir aus Steves Windschatten heraus die entscheidenden Zentimeter. Steve Mizera beklagte einmal mehr sein altes Handicap: Ich habe gegen Schluss wieder Krämpfe in den Unterarmen bekommen. Dafür war mein Start einfach gigantisch. Eine halbe Runde lang keinen Konkurrenten vor dir zu sehen, an dieses Gefühl könnte ich mich gewöhnen, berichtete der momentan mitten im Diplomstress stehende Student aus Dresden.

Rainer Pfäffle (Schiechtbach) zweifelte als Achter fast an seinem Verstand: 'Wenn du aus der fünften Reihe startest, geht halt nicht viel mehr. Aber vielleicht bin ich einfach zu blöd, im Training mal eine freie Runde zu erwischen.Die Schulz-Punkte musste, nach dem Sturz von Klaus, diesmal Bruder Frank Schulz (Gescher-Hochmoor) einfahren: Das war bei dieser Hitze ein echter Kraftakt - viel länger hätte das Rennen nicht dauern dürfen, stöhnte der Neunte des Rennens, während der 'alte Cup-Hase' Martin Rath (Düsseldorf) mit dem Rennen meines Lebens den letzten Top-Ten-Platz eroberte.

Nur vier Tage bleibt den fünfzig R6-Piloten diesmal Zeit, neue Kräfte zu tanken, denn schon am kommenden Wochenende geht es im Motopark Oschersleben in die dritte Runde. Und bei nur acht Punkten Differenz zwischen den ersten sechs Plätzen der Gesamtwertung kann dort schon wieder alles anders aussehen.