Mizera: „lch wollte schon als Kind der Schnellste sein“

Dienstag, 05.06.2001
Dresdner MorgenPost

Von Steve Mizera

Motorräder sind meine Welt, meine Leidenschaft. Schon als kleiner Junge war ich fasziniert von Geschwindigkeit und Motorenlärm, hatte immer den Drang der Schnellste zu sein. Wie heute, da fahre ich im Yamaha R6-Cup und habe für diese Saison ein großes Ziel: Ich will Meister werden.

Von Jahr zu Jahr habe ich mich jetzt weiter nach vom gekämpft, nach jeder Winterpause neue persönliche Bestzeiten aufgestellt. So sind auch meine Erwartungen gestiegen: Vor zwei Jahren war ein Platz unter den besten zehn mein Ziel, letztes Jahr die Top Five und 2001 soll der Meistertitel her. Eine rasante Entwicklung - die nicht vorhersehbar war.

Meinen ersten Titel holte ich als Kind nämlich in einer ganz anderen Disziplin: Ich wurde Ostsachsenmeister im Riesenslalom.

Mein Ziel: In dieser Saison Meister werden

Im Sommer ging es fast jedes Wochenende mit Vater Werner, unserem Wartburg und zwei Schlafsäcken an die osteuropäischen Rennstrecken. Während mein Vater als Mechaniker arbeitete, stand ich immer von früh um acht bis abends um sechs an der Strecke. Mich faszinierte damals alles, was schnell und laut war.

Später war mein Vater beruflich zu sehr eingespannt, da war nichts mehr mit Renn-Ausflügen. Da begann ich in der Sächsischen Schweiz mit Klettern und Singen. Mit Erfolg - denn ich wurde prompt in den Kinder- und Jugendchor des Bergsteigerchores Kurt Schlosser“ aufgenommen. Nach fast acht Jahren stoppte der Stimmbruch dann meine Sangeskarriere.

Danach fieberte ich nur noch meinem 18. Geburtstag entgegen, um endlich Motorrad fahren zu dürfen. Aber meine Eltern waren strikt dagegen. Also ging ich neben dem Abi heimlich jobben, war Verkäufer im Sportladen und Reinigungskraft im Großmarkt. Nach zwei Jahren hatte ich 10000 Mark zusammen und kaufte eine schöne 600er Honda CBR. Ob Hitze oder Kälte, Schneefall oder Regen, ich war immer unterwegs.

In Most bin ich dann 1994 bei einem Training für Jedermann mitgefahren - mit beachtlichen Rundenzeiten. Damals war ich erschrocken, welches Potenzial in so einem Feuerstuhl steckt und dachte mir, die sind ja alle bescheuert so zu fahren.

Doch der Virus hatte mich befallen. Zum Jahreswechsel 1995 kaufte ich mir heimlich eine gebrauchte Rennmaschine und versteckte sie in der Garage. Es gab mächtig Ärger, als meine Eltern sie entdeckten. Mit dieser Maschine platzte 1996 dann der Knoten. In Most überredete man mich aufgrund guter Trainingszeiten, bei der tschechischen Meisterschaft mitzufahren. So begann 1997 meine Motorsportkarriere.

Multitalent Singen, Skifahren, Klettern

Anfang 1998 traf ich Rennfahrer Udo Reichmann, der in Kesselsdorf ein Zweirad-Geschäft betreibt. Er lotste mich zum Yamaha-Cup. Der wurde 1999 mit der Umbenennung in Yamaha R6-Cup richtig interessant. Jeder Fahrer hat hier das gleiche Material: Ein Straßenmotorrad, an dem nur die Verkleidung und der Auspuff verändert werden dürfen. Zu Beginn jeder Saison kauft man ein Komplettpaket: Motorrad, Helm, Schuhe und Bekleidung für 22 000 Mark. Damit hat jeder die gleichen Chancen.

Ich will in diesem Jahr den Sprung ganz an die Spitze schaffen. Darauf habe ich mich gründlich vorbereitet. Über Weihnachten und Silvester testete ich vierzehn Tage in Cartagena/Spanien, unterstützt von meinen Eltern und Freundin Dani. Waren die Eltern anfangs gegen Motorräder, geben sie mir jetzt einen tollen Rückhalt. Und auch Dani, die ich 1996 an der Rennstrecke das erste Mal sah und später in einer Dresdner Disko richtig kennenlernte, unterstützt mich kräftig, begleitet mich zu jedem Rennen. Dann kann mit dem Titel ja eigentlich nichts mehr schiefgehen, oder?